Sag nicht adieu

Als Caspar Schärer 2008 neu zur Redaktion von werk, bauen + wohnen stiess, runzelten manche die Stirn: was? ein Journalist? aus der Tagespresse? beim werk? Seither hat Caspar Schärer unsere Zeitschrift mit seinen präzisen Kommentaren, seinen verführerisch flüssigen Texten und seiner subjektiven, stets neugierigen Sicht auf die Welt der Architektur – und nicht nur der Architektur – massgeblich gestaltet, und die Zweifler von damals sind längst verstummt.
Schon bald nach dem Architekturstudium an der ETH Zürich entschied sich Caspar Schärer für das Schreiben und für die Architekturkritik. Und wenn er etwas tut, dann richtig: er besuchte die Ringier Journalistenschule in Zofingen und betreute während einiger Jahre das Thema Architektur beim Zürcher Tages-Anzeiger. Darüber hinaus machte er sich bald als freier Kritiker, Herausgeber und Moderator einen Namen. So kam er als anerkannter Autor zum werk. Er hat es nicht nur mit seinen Texten geprägt, sondern auch mit seinen Heftkonzepten und seinen Entdeckungen: etwa jener der aktuellen flämischen (wbw 7 / 8 – 2011: Gent) oder der britischen Architektur. Mit seiner wachen Aufmerksamkeit für die Realität der Agglomeration, die weder Stadt noch Land sein will, und die er unermüdlich zu Fuss, per Rennvelo oder im stilvollkomfortablen Daimler erkundet. Caspar Schärer ist rastlos unterwegs, stets auf der Suche nach überraschend Neuem wie nach neuen Sichtweisen auf scheinbar Altbekanntes. Sein Facebook-Account legt davon Zeugnis ab. Wer, wenn nicht Caspar Schärer würde «rasch» 500 Kilometer nach Frankreich fahren, um über eine TGV-Kreuzung im freien Feld zu schreiben, deren Bild auf Google Earth ihn fasziniert hatte? (wbw 5 – 2013: Soulangy, Frankreich). Zu den realen Reisen gesellen sich die virtuellen: Weltreisen auf Google Earth, astronomische Reisen per App in die Weiten des Alls.
Mit Caspar Schärer verlieren wir ein Ausnahmetalent des Architekturjournalismus. Jeder seiner Beiträge – ob Kommentar, Architektur- oder Ausstellungskritik – ist eine Geschichte. Er erzählt sie mit unverhohlen subjektivem Blick, geht nahe heran und lässt die Leserin an seiner unmittelbaren Erfahrung teilnehmen. Er urteilt nicht aufgrund von Konzepten – den eigenen oder denen des entwerfenden Architekten – sondern aufgrund des Augenscheins. Er kommentiert und kontextualisiert von einem explizit subjektiven Standpunkt aus, und das heisst: er erklärt seine Sicht nicht zur allgemeingültigen, er steht jedoch mit seiner ganzen Person dafür ein. Das ist die Basis seiner Glaubwürdigkeit.
Caspar Schärer leitet als neuer Generalsekretär die Geschäfte des Bundes Schweizer Architekten BSA FAS und hat die Absicht, den Verband und seine (kultur-)politischen Anliegen in der Öffentlichkeit sehr viel sichtbarer zu machen. Man wird also vom BSA noch einiges hören. Und man wird, so hoffen wir, Caspar Schärer auch in Zukunft im werk, bauen + wohnen lesen. An ihm kommt man nicht vorbei.

— Daniel Kurz
© Roland Züger
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