Die akute Wohnungsnot ist allerorten spürbar. Spätestens, wenn die Nachbarn in die nahe Vorstadt oder in die Agglo umziehen müssen, ist man irgend wie selbst betroffen. Auch wenn uns durchaus bewusst ist, dass sich das soziale Gefüge der Stadt ändert, Nachbarschaften transformiert und Bestandsgebäude ersetzt werden, denkt man sich un weigerlich: Und wann trifft es mich? Seit 20 Jahren herrscht Hochkonjunktur in der Schweiz, und es vergeht kein Quartierspaziergang, an dem wir nicht einem Wald von Baugespannen begegnen. Viele Menschen spüren diese Veränderungen und klagen über die Verdichtung, die seit Jahren um sich greift. Dabei ist diese politisch gewollt und sinnvoll – nicht zuletzt ökologisch. Schliesslich hat das Schweizer Stimmvolk 2014 die Revision des Raumplanungsgesetzes gutgeheissen. Dieser Revision folgte die politische Vorgabe zur Verdichtung nach innen. Die Vorzeichen für die Raumplanung veränderten sich dadurch radikal – ein Meilenstein, mit dem sich das Problem der Zersiedelung in Zukunft seriös anpacken liesse – so zumindest die Hoffnung. Wohnungen sollen dort entstehen, wo schon andere Menschen wohnen oder Räume bereits erschlossen sind. Freilich sind mit der Innenentwicklung zahlreiche weitere Themen verbunden, wie die Reduktion von Bauzonen oder Fragen der Verkehrsentwicklung, die wir in diesem Heft nicht behandeln können. Zudem sind in den letzten Jahren neue Fragen hinzugekommen, ausgelöst durch Klimawandel und Biodiversitätsnotstand. Auch diese Aspekte benötigen unsere Zuwendung.
Das Spektrum an Themen der Innenentwicklung ist also vielfältig, deshalb haben wir den Fokus für dieses Heft auf den Wohnungsbau in den Städten gelegt. Beim Wohnen drückt der Schuh am stärksten. Zudem zeigen soziologische Untersuchungen, dass die Verdichtung an bereits dichten Lagen der Innenstädte am besten akzeptiert ist. Und hier stellen sich die Fragen nach Dichte, Grünraum, Suffizienz und Einpassung in den Bestand am drängendsten. Hier sind sie architektonisch am kniffligsten zu lösen. Die Beispiele in diesem Heft zeigen Ansätze, wie eine solche Verdichtung gelingen kann.
Zwar ist die Verdichtung nach innen seit der Revision des Raumplanungsgesetzes vom Stimmvolk gefordert, aber sie gelingt (noch) nicht immer. Ein Plädoyer für mehr Belegungsdichte in den Wohnungen, mehr Aufstockungen in den Zentren und das Instrument der Mehrwertabschöpfung, wenn sie lebenswerten Freiflächen zukommt. Artikel lesen
Am Rand des ehemaligen Industriegebiets der Sulzer in Winterthur wurden im Rahmen der Arealentwicklung zwei alte Lagerhallen überformt und zu Stadthäusern umgebaut. Kilga Popp und Baumberger Stegmeier gelingt damit ein Übergang zwischen neuem Stadtteil und angestammtem Quartier.
Die Siedlung Park Schönbühl von Menzi Bürgler Kuithan im Zürcher Seefeld verdichtet mitten in der Stadt, einen Steinwurf vom Opernhaus entfernt. Drei Häuser im stattlichen Park einer historischen Villa schreiben Architekturtradition fort und gehen sensibel auf Landschaft und Stadtraum ein.
Wo früher Remisen oder Garagen standen, kann auch gewohnt werden. Der Blick nach Basel zeigt, wie das Wohnen im Hof auf kleiner Grundfläche funktioniert. Drei Projekte, von Felippi Wyssen, Amrein Giger und Rahbaran Hürzeler, erklären den intimen Hofraum zum Gemeinschaftsraum. Das Gegenmodell zum Parzellen denken in den Vorstädten.
Die Schwierigkeit, in den tiefen Grundrissen eines Gewerbebaus ausreichend belichtete Wohnungen organisieren zu können, ist den meisten Uhrenfabriken fremd. Der Lausanner Architekt Cédric Schärer beweist mit dem Umbau der Manufacture Zodiac in Le Locle, wie gut sich diese Typologie in Wohnraum transformieren lässt.
Unser Autor Nico Ros macht sich stark für eine Systematik der Nachhaltigkeit im Entwurf: Bei jedem Bauprojekt müssen die Weichen bei den grossen Hebeln des ökologischen Bauens, konkret bei Decke und Fassade, möglichst früh richtig gestellt werden.
Im zweiten Anlauf zur Erneuerung der Gartenstadtsiedlung Am Rain in Luzern gewann ein Projekt, das fünf der sechs Mehrfamilienhäuser stehen lässt und sie weiterentwickelt.
Wer meint, Iwan Baan anhand seiner Architekturbilder zu kennen, kennt ihn nicht – und kann dagegen etwas tun, und nach Weil am Rhein fahren, wo eine erste Retrospektive des Fotografen gezeigt wird. Der Konjunktiv dominiert in der Ausstellung was wäre wenn im S AM, und im Vai Antwerpen wird umgebaut.
Schlierens Stadtwerdung wurde fotografisch dokumentiert und liegt nun auch als Buch vor. Daniel Kurz hat es sich mit seinem Sohn angeschaut. Studierende der TU München vermessen ihre Stadt im Buch From the Room to the City. Munich – Urbanity and Complexity. Eine Skizzenfibel mit Beiträgen von Studierenden der TU Wien ergänzt die akademisch alimentierte Lektüre.
Man hat zwar schon grösser gebaut, doch ein bescheidener Anbau mit feinen Details reicht Madeleine aus Vevey, um sich bei uns vorzustellen. Artikel lesen
Die Bibliothek des Madrider Büros Suma von Elena Orte und Guillermo Sevillano in Barcelona ist ebenso sozialer Treffpunkt wie Wissensspeicher. Die Eixample-Ecke formt das Gebäude mit zentralem Innenhof nicht nur im Grundriss sondern auch im Schnitt.
Wer darf bei der Stadtplanung mitreden? Lernlabors am Gymnasium ermöglichten eine vertiefte Auseinandersetzung mit Fragen der Raumplanung in der fusionierten Grossgemeinde Lugano. Insgesamt mehr als 540 Schülerinnen und Schüler wurde damit die Möglichkeit gegeben, Planung zu verstehen und an der Umgestaltung des Gebiets, in dem sie leben, mitzuwirken. Originaltext lesen